Warum Abschied nehmen so wichtig für die Psyche der Betroffenen ist

Der Verlust eines Kindes ist ein traumatisches Erlebnis und stellt das Leben betroffener Eltern von heute auf morgen auf den Kopf. Bereits ab dem ersten Ultraschallbild ist das Baby Realität und ein geliebtes Familienmitglied. Es ist für die Psyche wichtig, in Ruhe und ohne Druck Abschied nehmen zu können.

Die Trauer um ein Baby ist eine schmerzhafte und hochemotionale Zeit

Die Trauer um ein Sternenkind – ein Baby, das vor der Geburt im Mutterleib oder kurz nach der Geburt stirbt, zählt zu den schwierigsten Erfahrungen im Leben von Eltern. Befindet sich der Fötus noch im Mutterleib, benötigt der Körper Zeit, sich auf eine „stille Geburt“ einzustellen. Wird ein Kind lebendig geboren und ist sein naher Tod vorhersehbar, ist die gemeinsame Zeit mit dem Baby unendlich kostbar – auch wenn es sich nur um wenige Stunden handelt. Schließt ein Baby für immer seine Augen, geht ein geliebter Mensch. Der Verlust löst heftige Gefühlsreaktionen bei den Eltern und nahen Angehörigen aus und es benötigt Zeit, den Schmerz zu verarbeiten.

Jeder Mensch reagiert individuell auf die schmerzhafte Nachricht, dass das eigene Kind verstorben ist. Während einige Paare den Schmerz gemeinsam verarbeiten und sich gegenseitig stützen, reagieren andere Menschen mit Rückzug und möchten mit ihrem Schmerz alleine gelassen werden. Eltern erleben zunächst vielfach ein Gefühl des Erstarrens. Es ist völlig in Ordnung, wenn Trauernde in dieser Situation vom Schmerz überwältigt sind und tröstende Worte nicht annehmen können.

Die Zeit bis zur natürlichen Geburt bereitet auf den Abschied vor

Es braucht Zeit, bis Eltern und Angehörige bereit sind, den kleinen Menschen loszulassen. Entscheiden sich Mütter dafür, nicht sofort nach der traurigen Nachricht über den Tod eines ungeborenen Kindes die Geburt einzuleiten oder einen Kaiserschnitt vornehmen zu lassen, gibt die Natur dem Körper und der Psyche Zeit, mit dem Verlust umzugehen. Mütter und Väter können diese mit dem ungeborenen Kind verbringen, mit ihm reden und den Bauch streicheln. Die Momente, die Eltern haben, bis sich die Wehen einstellen, hilft den Hinterbliebenen der Trauer Raum zu geben. Die Psyche bekommt die Chance, mit dem Ereignis Schritt zu halten.

Vom Schmerz überwältigt 

Die stille Geburt ist ein tiefgreifendes Erlebnis. Die enge Verbindung von Körper und Seele während des Geburtsvorganges kann der Mutter das Abschiednehmen erleichtern. Erfolgt die Geburt ohne medikamentöse Einleitung ist es für den mütterlichen Körper am schonendsten. Es kann eine große Belastung darstellen, auf eine künstlich eingeleitete Geburt zu warten. Nicht immer lösen künstliche Wehenhormone auf Knopfdruck die Geburt aus, da der Körper manchmal noch nicht bereit ist, den schützenswerten Fötus loszulassen. Die Mutter fühlt die künstlich eingeleiteten Wehen, ohne dass sich der Muttermund öffnet. In einigen Fällen ist ein erneuter Versuch zu einem späteren Zeitpunkt nötig.

Geburtsschmerz kann den seelischen Abschied erleichtern

Jede Geburt ist mit Schmerzen verbunden. Schmerzmittel helfen, den körperlichen Schmerz zu lindern. Einigen Frauen erleichtern die körperlich empfundenen Wehen und Geburtsschmerzen den seelischen Abschied. Er wird im wahrsten Sinne des Wortes spürbar. Können die Eltern nach dem Geburtsvorgang – sei es natürliche Geburt oder Kaiserschnitt – ihr Kind in Empfang nehmen, sind die Gefühle überwältigend. Zum ersten Mal sehen die Eltern ihr Baby in der Realität.

Eine Atmosphäre der Geborgenheit und Harmonie hilft beim Abschied nehmen

Unabhängig davon, ob der Tod es Kindes angekündigt ist oder überraschend eintritt, haben viele Eltern den Wunsch, Zeit mit ihrem verstorbenen Kind zu verbringen. Sie möchten in Ruhe das Gesicht ihres Babys betrachten und den kleinen Körper berühren. Geschwisterkinder sollten in der Situation nicht außen vor gelassen werden. Sie müssen den Schmerz ebenso verarbeiten wie Erwachsene und es ist wichtig, sie in ihrer Trauer wahrzunehmen. Sind die Eltern bereit, können Omas und Opas sowie nahe Verwandte und Freunde persönlich Abschied nehmen. Für viele Mütter und Väter ist es leichter, den Verlust zu verkraften, wenn sie den Schmerz teilen können. Nahe Angehörige – allen voran die Großeltern – leiden doppelt. Sie trauern über das Enkelkind und darüber, dass ihr eigenes Kind dieses Schicksal erfahren muss.

In der Zeit ist es wichtig, eine Atmosphäre der Geborgenheit und Harmonie um sich herum zu finden. In vielen Fällen befinden sich die Eltern noch im Krankenhaus. Abgetrennte Familienzimmer verfügen über eine schöne Einrichtung und geben den Trauernden die nötige Privatsphäre, um ganz bei sich selbst und ihrem Nachwuchs zu sein. Einige Eltern können es – mit der Unterstützung eines Bestatters – organisieren, dass sie ihr Baby nach Hause mitnehmen dürfen und dort noch einige Zeit mit ihm verbringen können.

Nähe und Kontakt zum Baby schaffen wichtige Erinnerungen

Je länger ein Baby bei seiner Mutter und seinem Vater bleiben kann, umso leichter fällt vielen trauernden Eltern der Abschied. Es ist eine wertvolle Erinnerung, sein Baby in den Arm zu nehmen und ihm nah zu sein. Da viele Eltern Berührungsängste verspüren und Angst haben, das zarte Geschöpf zu verletzen, wenn sie es hochnehmen, ist Zeit unendlich wichtig. Die hilft den Betroffenen, den physischen Kontakt zum Sternenkind aufzubauen. Viele erhalten professionelle Unterstützung durch Hebammen und ehrenamtliche Mitglieder von Sternenkinder-Vereinen. Auch wenn es unendlich schwerfällt, ist das Loslassen nach der gemeinsam verbrachten Zeit als Familie leichter.

Einige Eltern entscheiden sich für ein Fotoshooting mit einem auf Sternenkinder spezialisierten Fotografen, um die innigen Momente und das Bild des kleinen Körpers für die Ewigkeit festzuhalten. Können die Eltern das Baby waschen und ankleiden, hilft es ihnen, sich als seine Eltern zu fühlen. Auch später, wenn das Kind beerdigt ist, haben die Eltern eine bleibende Erinnerung und finden in den Bildern Trost.